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Künstliche Intelligenz, Data Science und maschinelles Lernen – was steckt hinter den Schlagwörtern?

Expertenantworten zu Zusammenhängen, Missverständnissen und möglichen neuen Kompetenzen im Umgang mit diesen technologischen Entwicklungen.

Wenn von den neuesten Entwicklungen in der Informationstechnologie die Rede ist, tauchen unweigerlich die Begriffe Künstliche Intelligenz (KI), Data Science und Machine Learning auf. Was diese Begriffe tatsächlich bedeuten und in welchem Zusammenhang sie verwendet werden sollten, ist jedoch oft unklar. Auch wenn diese “gehypten” Begriffe oft miteinander vermischt werden, lassen sie sich klar voneinander abgrenzen. Es ist deshalb wichtig, die Konzepte hinter KI, Data Science und maschinellem Lernen zu differenzieren, um das allgemeine Verständnis für diese komplexen Themen zu erleichtern und falsche Erwartungen, Hoffnungen und Ängste abzubauen.

Expertenantworten zu Künstlicher Intelligenz, Data Science, Machine Learning (© istockphoto-1448152453)

Deshalb haben wir drei unserer Experten angefragt, Licht ins Dunkel zu bringen. Lesen Sie im Interview, welche Zusammenhänge, Missverständnisse und mögliche neue Fähigkeiten im Umgang mit KI, Data Science und Machine Learning bestehen.

Dominik Bösl ist CTO & Managing Director von Micropsi Industries, das Software für Industrieroboter in dynamischen Umgebungen entwickelt. Außerdem ist er Professor für Digital Sciences, Automation und Leadership an der Hochschule der Bayerischen Wirtschaft (HDBW). Er hat ein Diplom in Informatik von der Universität Augsburg und einen MBA-Abschluss von der University of Pittsburgh. Er ist regelmäßiger Dozent an verschiedenen Universitäten und Autor von technischen und wissenschaftlichen Publikationen. An der TUM School of Education forscht er zum Thema “Technology, Robotic & AI Governance”: Den ethischen, moralischen, soziokulturellen, soziopolitischen und sozioökonomischen Auswirkungen von Technologien wie Robotik, Automatisierung und künstlicher Intelligenz auf die Menschheit. Er hat unter anderem die Robotic & A.I. Governance Foundation gegründet, um den interdisziplinären Diskurs über diese Themen zu fördern.

Jakub Cichor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Forschung und Wissenschaftsmanagement, Leiter der Focus Area “Educational Technologies in Leadership and Expert Development” am TUM Center for Educational Technologies (TUM EdTech Center) und Mitglied des TUM Neurophysiological Leadership Lab (TUM NeLeLab). Er absolvierte seinen B.Sc. und M.Sc. in Informatik: Games Engineering an der Technischen Universität München mit einem Schwerpunkt auf Serious Games, Gamification und Game-based Learning. Seine Forschung konzentriert sich auf Bildungstechnologien an der Schnittstelle zwischen Mensch-Computer-Interaktion und Organisationsverhalten, insbesondere mit Fokus auf die Untersuchung von sozialen Robotern und KI in Führungspositionen und die Implementierung von Virtual-Reality-Anwendungen für die Führungskräfteentwicklung.

Thomas Mair ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften, TUM School of Engineering and Design. Er hat einen B.Sc. und M.Sc. Abschluss in Maschinenbau. In seiner Masterarbeit beschäftigte er sich mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Vorhersage von inneren Unregelmäßigkeiten beim Rührreibschweißen. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf additiv gefertigten Dämpfungskonzepten für den Einsatz in schwingungsanfälligen Bauteilen. Dazu werden das Design der Strukturen und die Topologieoptimierung der Bauteile mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz untersucht. Derzeit hält er die Vorlesung “Künstliche Intelligenz in der Produktionstechnik” an der TUM.

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Künstlicher Intelligenz (KI), Data Science und Machine Learning?

Dominik Bösl: „Alles beginnt mit Daten. Ohne sie sind die genannten Prozesse und Technologien entweder nutzlos oder nicht anwendbar. Data Science beschreibt alle Prozesse zum Sammeln, Speichern, Homogenisieren, Verarbeiten, Validieren und – je nach Definition – Analysieren von Daten im Rahmen der Datenanalytik. Beim maschinellen Lernen interpretieren Algorithmen die Daten. Sie erkennen Muster und Korrelationen, aus denen sich Problemlösungen ableiten lassen. Künstliche Intelligenz (KI) versucht, noch einen Schritt weiter zu gehen: Durch entsprechend ausgeklügelte Algorithmen, Verfahren und Technologien – wie neuronale Netze und Transformer-Systeme – wird ein möglichst “intelligentes” und autonomes Verhalten angestrebt. Computersysteme, etwa in autonomen Fahrzeugen, Assistenzsystemen zur Entscheidungsfindung oder (Service-)Robotern, sollen in der Lage sein, selbstständig auf ihre Umwelt zu reagieren und Entscheidungen zu treffen. Einen allgemeingültigen Begriff für Intelligenz gibt es allerdings noch nicht – was zu vielen Diskussionen darüber führt, was eigentlich als künstlich ‘intelligent’ gelten soll und was nicht.“

Jakub Cichor: „Data Science, Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen werden oft zusammen betrachtet, um große Datenmengen effektiv und effizient zu analysieren und zu interpretieren. Data Science befasst sich grundsätzlich mit Daten und nutzt regelmäßig Methoden der KI und des maschinellen Lernens, um Daten zu analysieren. KI wird eingesetzt, um intelligente Systeme zu implementieren, wobei Data Science nur einer von vielen Anwendungsbereichen von KI ist. Machine Learning hingegen ist ein Teilgebiet der KI, welches sich mit Methoden beschäftigt, die aus Daten lernen und die gewonnenen Informationen zur Interpretation von Daten nutzen.“

Thomas Mair: „Die drei Begriffe sind eng miteinander verbunden. Künstliche Intelligenz (KI) ist der Oberbegriff für intelligente, selbst denkende Maschinen und Programme. Maschinelles Lernen (ML) ist ein Teil der KI und umfasst Modelle oder Algorithmen, die aus Daten lernen, um Entscheidungen und Vorhersagen zu treffen. Data Scientists befassen sich mit der Extraktion und Analyse von Daten, sie nutzen KI/ML, um Wissen zu generieren.“

Was sind die größten Missverständnisse über Künstliche Intelligenz (KI), Data Science und maschinellem Lernen?

Jakub Cichor: „Ein großes Missverständnis ist, dass die Ergebnisse dieser Technologien objektiv und unvoreingenommen sind. Insbesondere beim maschinellen Lernen besteht ein Problem darin, dass der Großteil der Trainingsdaten von Menschen erzeugt wird. Dies führt wiederum zu einer Datenbasis, die von menschlichen Tendenzen und Vorurteilen beeinflusst ist, welche vom System übernommen werden. Ein bekanntes Beispiel ist ein Algorithmus im medizinischen Bereich, der gelernt hat, bei der Krebsdiagnose in erster Linie nach Linealen auf Bildern zu suchen, anstatt tatsächlich Tumore zu erkennen. Der Grund für diesen Fehler war ganz einfach: Auf medizinischen Bildern werden in der Regel Lineale platziert, wenn ein Tumor vorhanden ist, um dessen Größe genauer darstellen zu können.“

Dominik Bösl: „Eines der größten Missverständnisse ist, dass KI – derzeit vor allem die komplexen Sprachmodelle um ChatGPT – ein Allheilmittel für alle ungelösten Probleme in der Informatik, Robotik, Automatisierung, Bilderkennung, Texterzeugung, für intelligente Computerassistenten und mehr sind. Die Fortschritte, die in den letzten Wochen und Monaten bei der Verwendung von extrem großen Sprachmodellen und transformatorbasierten neuronalen Netzen erzielt wurden, sind beeindruckend und sicherlich bahnbrechend für einige Anwendungsbereiche. Die automatische Generierung – oder auch nur das Korrekturlesen – von Alltagstexten in E-Mails, Geschäftsbriefen oder Textzusammenfassungen wird viel Zeit sparen. Kreative Eigenleistungen, die Entwicklung sinnvoller, inhaltlicher Neuerungen oder gar automatisierte Forschung können – und sollten – wir aber nicht erwarten, erhoffen oder erträumen. Genau hier liegt auch eines der größten Risiken von AI: Zu schön ist der Traum vom intelligenten digitalen Kollegen, der alle banalen Tätigkeiten im Alltag abbilden, uns verstehen und entsprechend unserer Präferenzen reagieren kann. Mittelfristig werden diese Erwartungen – vorerst zumindest – aber enttäuscht werden. Denn jede der gehypten Technologien hat ihren Einsatzzweck und -ort; keine ist jedoch universell anwendbar. So kann ChatGPT zwar Sprache verstehen und daraus die wahrscheinlich erwarteten Aktionen ableiten – automatisch aber den Bewegungsplan eines Roboters berechnen und den Greifarm an die entsprechende Stelle im Raum manövrieren, um den gewünschten Apfel zu greifen, kann es aber nicht.“

Thomas Mair: „KI wird viele Berufe ersetzen. Natürlich wird die künstliche Intelligenz Auswirkungen auf die Struktur der Arbeitswelt haben. Dennoch lässt sich diese Aussage nicht verallgemeinern. Betrachten wir das Beispiel eines Softwareentwicklers. Der Chatbot ChatGPT ist in der Lage, innerhalb kürzester Zeit ganze Codestrukturen nach den Vorgaben des Entwicklers zu generieren. Dies bedeutet nicht, dass die Softwareentwickler ersetzt werden. Ihre Tätigkeit verlagert sich von der Strukturierung und Implementierung des Codes auf die Formulierung der Aufgabe für den Chatbot. Andere Tätigkeiten, wie die Planung und das Debugging des Codes, bleiben unverändert. Das bedeutet, dass die Arbeitsplätze aufgewertet und nicht ersetzt werden.“

Welche Fähigkeiten sollte man haben, um mit Künstlicher Intelligenz (KI), Data Science und Machine Learning zu arbeiten?

Thomas Mair: „Die erforderlichen Fähigkeiten hängen von der Anwendungsebene ab. Drei Beispiele sind unten aufgeführt:

  1. Für die alltägliche Nutzung von vorgefertigten KI-Tools sind keine besonderen Fähigkeiten erforderlich. Die Entwickler stellen eine intuitive Schnittstelle bereit, die eine einfache Nutzung ermöglicht.
  2. Für technische Anwendungsfälle sollte ein fortgeschrittenes Verständnis des Problems und der möglichen Lösungen vorhanden sein, um die Ergebnisse überprüfen zu können.
  3. Bei der Implementierung von KI für neue Anwendungsfälle benötigt ein Datenwissenschaftler solide Programmierkenntnisse und ein Grundverständnis von Datenanalysemethoden, um die Modelle anpassen und trainieren zu können.“

Jakub Cichor: „Es ist wichtig, die Technologien zu kennen und ein grundlegendes Verständnis für sie zu haben, um die Ergebnisse sinnvoll interpretieren zu können und sich gleichzeitig der Fallstricke dieser Systeme bewusst zu sein. Ein verantwortungsvoller Umgang mit den Ergebnissen kann viele neue Möglichkeiten eröffnen, während die unkritische Übernahme falscher Ergebnisse viele Probleme verursachen kann.“

Dominik Bösl: „Zu den wichtigsten Fähigkeiten im Umgang mit neuen, disruptiven Technologien gehört sicherlich eine grundsätzliche Offenheit und Bereitschaft, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das bedeutet (in Bezug auf KI) nicht unbedingt, die zugrundeliegenden Modelle selbst mathematisch erfassen und berechnen zu können – aber die eingangs erwähnte begriffliche Differenzierung hilft, Chancen, Risiken und Anwendbarkeit im persönlichen Kontext zu verstehen und einzuschätzen – sei es im privaten, geschäftlichen oder wissenschaftlichen Umfeld. Persönlich möchte ich den Informationskreislauf umkehren: Alle Akteure, ob aus Wissenschaft oder Industrie, die relevante Technologien entwickeln, sollten verpflichtet werden, ihre Ergebnisse allgemeinverständlich zu erläutern. Nur wenn wir einen sinnvollen, informierten Diskurs in der Gesellschaft überhaupt erst ermöglichen und fördern, wird es uns gelingen, partizipative Innovation zu fördern.“

Hinter den Schlagwörtern Künstliche Intelligenz, Data Science und Machine Learning steckt mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Wir danken unseren Experten für ihre tiefen Einblicke in das Thema und für ihre Bemühungen, diese komplexen Begriffe zu erklären.

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